Digitalisierung in Deutschland
- Wie Corona
gnadenlos
Schwachstellen
offenbart

Die wirtschaftlichen Verlierer der Corona Pandemie sind allseits bekannt. Vor allem konsumnahe Dienstleistungsbranchen, in denen die Nähe zum Kunden wesentlich für die Erbringung ihrer Dienste ist, hat es besonders schwer getroffen. Doch unabhängig von der Branche, haben in Zeiten von Social Distancing vor allem Unternehmen mit hohem Digitalisierungsgrad und Offenheit für Innovationen der Pandemie trotzen können. Dies zeigen auch Studien: Selbstständige mit einem sehr niedrigen Digitalisierungsgrad des Angebotes konnten in Folge der Pandemie zu 73% ihre Tätigkeit nicht mehr ausüben. Im Vergleich dazu waren es bei sehr hoch digitalisierten Solo-Selbstständigen hingegen nur 28%. Doch worauf ist ein geringer Digitalisierungsgrad in deutschen Unternehmen zurückzuführen?

Digitalisierung in Deutschland- woran es hapert

Dass Deutschland in Bereichen der Digitalisierung im Vergleich zu anderen Ländern zurückhängt ist ein offenes Geheimnis. Während im Schnitt 68% der Schüler*innen in der EU auf einen WLAN-Zugang in der Schule zurückgreifen können, verzeichnet Deutschland mit 26% den schlechtesten Wert unter allen ICILS-Ländern. Nicht zuletzt macht sich dies auch beim Homeschooling regelmäßig bemerkbar. Darüber hinaus ist die Internetverbindung in Deutschland langsamer als in vielen anderen Ländern, beispielsweise in Rumänien, Taiwain oder Panama. Nur 4,7% beträgt der Anteil von Glasfaseranschlüssen in Deutschland. Zum Vergleich: Länder wie Schweden, Litauen oder Spanien weisen einen Anteil von 70-76% auf. Noch schlechter schneidet das deutsche Mobilfunknetz im internationalen Vergleich ab. Deutschland schöpft bislang die Potenziale der Digitalisierung nicht aus. Auch bei der Nutzung digitaler Technologien in der Wirtschaft liegt Deutschland im EU-weiten Vergleich auf dem 18. von 28 Plätzen. Beispielsweise greifen nur 6% der deutschen Unternehmen bislang auf Anwendungen der Künstlichen Intelligenz (KI) zurück. Doch neben den Unternehmen und der digitalen deutschen Infrastruktur, hinken auch die Politik und die Verwaltung in Deutschland hinterher und das, obwohl sämtliche Studien zeigen, wie essenziell gut umgesetzte Digitalisierungsmaßnahmen für die Zukunftsfähigkeit der Wirtschaft und Gesellschaft eines Landes sind. Vor allem für Unternehmen verspricht eine digitale Ausrichtung des Produkt- und Dienstleistungsportfolios sowie der internen Geschäftsprozesse und des Vertriebs eine Fortsetzung des Geschäftsbetriebes – auch während der Phasen des Lockdowns oder anderen Krisen.

Die Pandemie beflügelt die Digitalisierung

Bei der Bekämpfung der Pandemie zeigt sich, dass neue Technologien, wie Anwendungen der künstlichen Intelligenz, von einem immensen Mehrwert sein können, um beispielsweise Infektionsketten nachzuverfolgen oder um mit intelligenten Systemen den Schnelltest-Markt zu koordinieren. Doch die Pandemie hat auch viele Unternehmen und Selbstständige dazu gezwungen, das eigene Innovations-Mindset zu fördern und in digitale Technologien zu investieren. 33% der Unternehmen aus der Informationswirtschaft und 29% der Unternehmen im verarbeitenden Gewerbe haben auf die Auswirkungen der Pandemie kurzfristig reagiert und in neue Technologien investiert. In der Folge konnten bereits ab Herbst 2020 nahezu zweidrittel der Deutschen aus dem Homeoffice arbeiten. Aktuelle Zahlen der KfW für den deutschen Mittelstand belegen, dass die Corona-Krise Innovationen beflügelt: 27% der Unternehmen haben Corona-bedingt Innovationen in ihren Betrieben umgesetzt und dabei Prozesse, Produkte oder auch Geschäftsmodelle erneuert. Darüber hinaus planen weitere 16% ebenfalls in Innovationen und Digitalisierung zu investieren.

Entwicklungsfelder & die Rolle der Politik

Neben dem ausbaufähigen Mindset der Unternehmen und der Gesellschaft hinsichtlich digitaler Innovationen, ist auch die Politik gefragt, um über die Pandemie hinaus den Trend der Digitalisierung zu unterstützen. Ein erster wichtiger Schritt dabei war es, mit dem Konjunktur- und Zukunftspaket der Bundesregierung ein Signal zu setzen, dass Deutschland in Bezug auf die Corona-Pandemie eine bessere digitale Ausgangssituation benötigt. Dar-über hinaus sollte weiter in die Förderung von Forschung und Bildung investiert werden, um zeitgleich Reize für technologieorientierte Neugründungen zu setzen. Zudem müssen kleine und mittelständische Unternehmen konkurrenzfähig bleiben, sodass auch diese vermehrte Abschreibungsmöglichkeiten und Steuervorteile für Digitalisierungsinvestitionen erhalten sollten, um die Zukunft des Unternehmens und Arbeitsplätze zu sichern. Um konkret die aufgeführten Digitalisierungs-Lücken in Deutschland flächendeckend zu beheben, müssen zusätzlich grundlegende Rückstände der Infrastruktur behoben werden. Dazu sollte die Bundesregierung den Ausbau von Glasfaser-Technologien, dem 5G-Netz und der Cloud Infrastruktur, beispielsweise durch GAIA-X (Aufbau einer gemeinsamen, vertrauenswürdigen Dateninfrastruktur für Europa) unterstützen.
Tim Krasenbrink
Verfasser
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